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Löwe, GIF, 3 kB

Methoden des Löwenfangs


Einführung

Spätestens seit Durchführung des bekannten, spektakulären, quantenmechanischen Gedankenexperiments haben Katzen, insbesonders Schrödingersche, eine besondere Affinität zu Physik und Mathematik. Um den Nachschub an virtuellen Gedankenversuchstieren nicht abreißen zu lassen, ist es notwendig, die Tiere einzufangen. Da der Löwe bekanntlich die Krone der Schöpfung, äh Pardon, der König der Katzen (oder so ähnlich) ist, soll er in der folgenden Methodenübersicht exemplarisch für ähnlich gelagerte Probleme behandelt werden.


Vorbemerkung:

A) Die meisten Methoden gehen davon aus, daß es in Afrika bzw. der Wüste mindestens einen Löwen gibt. Dies ist sicherlich eine zulässige, physikalisch sinnvolle Annahme.

B) Damit das auch so bleibt (und wegen des Washingtoner Artenschutzabkommens sowie allgemeinen tierschutzrechtlichen Überlegungen) sollten die Methoden nur gedankenexperimentell angewandt werden.

C) Ähnlichkeiten zu real existierenden Tieren oder Methoden sind rein zufällig, waren aber unvermeidlich. Bei der Entwicklung der Methoden wurden keine nicht-virtuellen Tiere (weder Löwen noch sonstige) verletzt oder nicht artgerecht behandelt.

D) Die geklammerten Nummern hinter den Methoden beziehen sich auf die Quellenangaben am Ende dieses Werkes.


1. Mathematische Methoden

1.1. Hilbertsche oder axiomatische Methode (1, 2)

Wir stellen einen versperrten Käfig in die Wüste und führen folgendes Axiomensystem ein:
Axiom 1: Die Menge der Löwen in der Wüste ist nicht leer.
Axiom 2: Sind Löwen in der Wüste, so ist auch ein Löwe im Käfig.
Schlußregel: Ist p ein richtiger Satz, und gilt "wenn p, so q", so ist auch q ein richtiger Satz.
Satz: Es ist ein Löwe im Käfig.

1.2. Geometrische Methode (1, 2)

Wir stellen einen kugelförmigen Käfig in die Wüste.
1. Fall: Der Löwe ist im Käfig. Dieser Fall ist trivial!
2. Fall: Der Löwe ist außerhalb des Käfigs. Dann begeben wir uns in den Käfig und führen eine Inversion an den Käfigwänden durch. Auf diese Weise gelangt der Löwe in den Käfig und wir selbst nach draußen.
Achtung: Bei Anwendung dieser Methode ist dringend darauf zu achten, daß sich kein Körperteil im Mittelpunkt des Käfig befindet, da dieses sonst im Unendlichen verschwindet!

1.3. Projektionsmethode (1, 2)

Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, daß die Wüste eine Ebene ist. Wir projizieren sie auf eine Gerade durch den Käfig, und die Gerade auf einen Punkt im Käfig. Dadurch wird der Löwe auf den Punkt im Käfig abgebildet.

1.4. Bolzano-Weierstraß-Methode (1, 2)

Wir halbieren die Wüste in Nord-Süd-Richtung durch einen Zaun. Dann ist der Löwe entweder in der westlichen oder östlichen Hälfte. Wir wollen annehmen, daß er in der westlichen Hälfte ist. Daraufhin halbieren wir diesen westlichen Teil durch einen Zaun in Ost-West-Richtung. Der Löwe ist entweder im nördlichen oder im südlichen Teil. Wir nehmen an er ist im nördlichen. Auf diese Weise fahren wir fort. Der Durchmesser der Teile, die bei dieser Halbiererei entstehen, strebt gegen Null. Auf diese Weise wird der Löwe schließlich von einem Zaun beliebig kleiner Länge eingegrenzt.

1.5. Mengentheoretische Methode (1, 2)

Die Punkte der Wüste lassen sich wohlordnen. Ausgehend vom kleinsten Element erwischt man den Löwen durch transfinite Induktion.
Bemerkung: Diese Methode ist in Fachkreisen umstritten wegen der Verwendung des Wohlordnungssatzes bzw. des Auswahlaxioms. Wie so oft, hat auch die vorliegende Fragestellung zu einer fruchtbaren Entwicklung geführt. Dabei wurde schließlich eine sehr viel einfachere Methode entdeckt, die den genannten Mangel nicht aufweise: Man betrachte alle Teilmengen der Wüste, die den Löwen enthalten und bilde ihren Durchschnitt. Er enthält als einziges Element den Löwen. (Bei der Durchschneiderei muß man allerdings darauf achten, den Löwen nicht zu zerschneiden).

1.6. Funktionsanalytische Methode (1, 2)

Die Wüste ist ein separierbarer Raum. Er enthält daher eine abzählbar dichte Menge, aus der eine Folge ausgewählt werden kann, die gegen den Löwen konvergiert. Mit einem Käfig auf dem Rücken springen wir von Punkt zu Punkt dieser Folge und nähern uns so dem Löwen beliebig genau.

1.7. Peano Methode (1, 2)

Man konstruiere eine Peano-Kurve durch die Wüste, also eine stetige Kurve, die durch jeden Punkt der Wüste geht. Es ist gezeigt worden, daß man eine solche Kurve in beliebig kurzer Zeit durchlaufen kann. Mit dem Käfig unter dem Arm durchlaufe man die Kurve in kürzerer Zeit, als der Löwe benötigt, um sich um seine eigene Länge fortzubewegen.

1.8. Topologische Methode (1, 2)

Der Löwe kann topologisch als Torus aufgefaßt werden. Man transportiere die Wüste in den vierdimensionalen Raum. Es ist nun möglich, die Wüste so zu deformieren, daß beim Rücktransport in den dreidimensionalen Raum der Löwe in einem verknoteten Zustand vorliegt. Er ist dann hilflos.

1.9. Banachsche oder iterative Methode (2)

Es sei f eine Kontraktion der Wüste in sich. X0 sei ihr Fixpunkt. Auf diesen Fixpunkt stellen wir den Käfig. Durch sukzessive Iteration
W(n+1) = f ( W(n) ), n = 0, 1, 2, ... ( W(0) = Wüste )
wir die Wüste auf den Fixpunkt zusammengezogen. So gelangt der Löwe in den Käfig.

1.10. Kompaktheitsmethode (2)

Die Wüste wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit als kompakt vorausgesetzt. Man überdecke sie mit einer Familie von Käfigen K(i). Dann gibt es unter ihnen endlich viele Käfige K(i(1)), ... , K(i(n)), die bereit s die ganze Wüste überdecken. Die Durchmusterung dieser Käfige auf darin befindliche Löwen wird als Diplomarbeit vergeben.

1.11. Logische Methode oder Methode des "Tertium non datur" (2)

Man stelle einen offenen Käfig in die Wüste und lege ein Brett mit Leim daneben. Beides biete man dem Löwen zum Betreten an. Der Löwe sagt dann: "Nein, auf den Leim gehe ich nicht!" Nach dem "Tertium non datur" muß er in den Käfig gehen. Danach schlägt man die Tür zu.

1.12. Stochastische Methode (2)

Man benötigt dazu ein Laplace-Rad, einige Würfel und eine Gaussche Glocke. Mit dem Laplace-Rad fährt man in die Wüste und wirft mit den Würfeln nach dem Löwen. Kommt er dann wutschnaubend angerannt, so stülpt man die Gaussche Glocke über ihn. Unter ihr ist er mit der Wahrscheinlichkeit eins gefangen.

1.13. Dialektische Methode (2)

Man nähere sich dem Löwen auf der Brunerschen Spirale. Dann elementarisiere man den Löwen zu einer Katze und fange ihn mit einer Schale Milch.

1.14. Ausschlußmethode (3)

Der Mathematiker geht nach Afrika, entfernt alles, was nicht Löwe ist und fängt von der verbleibenden Restmenge ein Exemplar.
Der fortgeschrittene Mathematiker wird zunächst beweisen, das es mindestens ein Exemplar der Sorte Löwe gibt und dann nach Afrika reisen, weiter wie oben.
Der Mathematikprofessor beweist, das mindestens ein Exemplar der Sorte Löwe existiert und überläßt dann das Einfangen eines real existierenden Elefanten seinen Studenten.

1.15. Wiener-Taubner-Methode (1)

Wir beschaffen uns einen zahmen Löwen L0, aus der Klasse L(-unendlich,+ unendlich), dessen Fouriertransformierte nirgends verschwindet und setzen ihn in der Wüste aus. L0 konvergiert dann gegen unseren Käfig. Aufgrund des allgemeinen Wiener-Tauber-Theorems wird dann jeder andere Löwe L gegen denselben Käfig konvergieren.
(Als eine Alternative können wir uns statt dessen beliebig nahe an L annähern, indem wir L0 durch die Wüste translatieren.)


2. Methoden aus der Theoretischen Physik

2.1. Newtonsche Methode (2)

Käfig und Löwe ziehen sich durch die Gravitationskraft an. Wir vernachlässigen die Reibung. Auf diese Weise muß der Löwe früher oder später am Käfig landen.
Praktische Anmerkung (Kw): Durch Einsatz eines hinreichend schweren Käfig läßt sich die Einfangzeit optimieren!

2.2. Heisenberg-Methode (2)

Ort und Geschwindigkeit eines bewegten Löwen lassen sich nicht gleichzeitig bestimmen. Da bewegte Löwen also keinen physikalisch sinnvollen Ort in der Wüste einnehmen, kommen sie für die Jagd auch nicht in Frage. Die Löwenjagd kann sich daher nur auf ruhende Löwen beschränken. Das Einfangen eines ruhenden, bewegungslosen Löwen wird der Leserin als Übungsaufgabe überlassen.

2.3. Schrödinger-Methode (1, 2)

Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich ein Löwe zu einem beliebigen Zeitpunkt im Käfig befindet, ist größer als Null. Man setze sich vor den Käfig und warte.
Bemerkung: Hierbei wir üblicherweise vorausgesetzt, daß der Käfig offen ist und man ihn zuschlagen muß, wenn der Löwe drin ist. Wegen des Tunneleffekts kann man den Käfig aber auch zulassen. Auf diese Weise kann man bei der elenden Warterei auch mal weggehen und ein Bierchen trinken. Aber nicht zu lange! Denn kluge Löwen, die den Tunneleffekt begriffen haben, verschwinden auch wieder.

2.4. Einsteinsche oder relativistische Methode (2)

Man überfliege die Wüste nahezu mit Lichtgeschwindigkeit. Durch die relativistische Längenkontraktion wird der Löwe flach wie Papier. Man greife ihn, rolle ihn auf und mache ein Gummiband herum.

2.5. Diracsche Methode (1)

Wir stellen fest, daß wilde Löwen, ipso facto, in der Wüste nicht beobachtet werden können. Wenn es überhaupt Löwen gibt, sind sie daher zahm. Das Einfangen eines zahmen Löwen bleibt dem Leser als Übungsaufgabe überlassen.

2.6. Kernphysikalische Methode (1)

Setze einen zahmen Löwen in den Käfig und wende einen Majorana-Austauschoperator zwischen ihm und einem wilden Löwen an. Bei Anwendung des spin-vertauschenden Heisenberg-Austauschoperators ist zu bedenken, daß eine zahme Löwin eingesetzt werden muß, wenn ein wilder männlicher Löwe resultieren soll.

2.7. Astrophysikalische Methode (1)

Verteile über die Wüste Löwenköder, die große Mengen Material eines schweren Neutronensterns beinhalten. Wenn genügend des Köders gefressen wurde, sende einen Lichtstrahl über die Wüste. Aufgrund der relativistischen Effekte in der Näher großer Massen wird sich der Lichtstrahl um den Löwen wickeln, was diesen so verwirren dürfte, daß man sich ihm ungefährdet nähern kann.


3. Methoden aus der experimentellen Physik

3.1. Thermodynamische Methode (1)

Konstruiere eine halbdurchlässige Membran, die alles außer Löwen durchläßt und ziehe sie über die Wüste.

3.2. Atomphysikalische Methode (1)

Bestrahle die Wüste mit langsamen Neutronen. Der Löwe wird radioaktiv und ein Zerfallsprozeß setzt ein. Wenn der Zerfall hinreichend weit fortgeschritten ist, wird der Löwe nicht mehr imstande sein, Widerstand zu leisten.

3.3. Magneto-Optische Methode (1)

Pflanze ein linsenförmiges Beet mit Katzenminze (Nepeta cataria), dessen Achse parallel zur Richtung der Horizontalkomponente des Erdmagnetfeldes verläuft und setze einen Käfig in einen ihrer Brennpunkte. Verteile über die Wüste große Mengen von magnetisiertem Spinat (Spinacia oleracea), der wie allgemein bekannt ist, einen hohen Eisengehalt hat. Der Spinat wird von den pflanzenfressenden Bewohnern der Wüste verzehrt, die wiederum von den Löwen gefressen werden. Die Löwen sind daraufhin parallel zum Erdmagnetfeld orientiert und der resultierende Strahl von Löwen wird durch die Linse aus Katzenminze in den Käfig fokussiert.

3.4. Impaktor-Methode (5)

Konstruiere einen mehrstufigen Impaktor mit hinreichend leistungsfähiger Pumpe, dessen Filterporengrößen darauf abgestimmt sind, Tiere mit größeren oder kleineren mittleren Durchmessern als löwentypisch zu separieren. Betreibe diesen am Rande der Wüste mit hinreichend langer Samplezeit, um eine ausreichende Belegung zu gewährleisten. Bei dieser Methode besteht allerdings die Gefahr, eine externe Mischung mit Tieren vergleichbaren aerodynamischen Durchmessern zu detektieren. Fernerhin ist die Bildung von Agglomeraten aus mehrern Löwen nicht auszuschließen, Agglomerate mit anderen Tieren dürften sich durch Verzehr derselben dagegen von selbst wieder auflösen.

3.5. Sonnenphotometer-Methode (5)

Löwen weisen als sehr große Teilchen einen deutlichen Vorwärtspeak der Streufunktion auf. Daher kann bei niedrigem Sonnenstand die Himmelslichtverteilung in Bodennähe benutzt werden um den Aufenthaltsort der Löwen zu lokalisieren, sofern sie sich zwischen Sonne und Wissenschaftlern befinden. Falls anhand mehrerer aufeinanderfolgender Messungen festgestellt werden kann, daß ein Löwe sich gerade nicht bewegt, kann angenommen werden, daß er sich im Verdauungsschlaf befindet. Der Löwe kann dann überrascht und gefahrlos eingefangen werden.


4. Informatik

4.1. Basis-Algorithmus (3)

1. Fahre nach Afrika
2. Fange nächstes Exemplar was Dir unter die Augen kommt
3. Vergleiche gefangenes Exemplar mit bereits als Löwe bekanntem Exemplar
4. If Vergleich okay then Stop else GOTO 2
Bemerkung:
Ein etwas erfahrener Programmierer wird am Ende des Kontinents einen Löwen plazieren, damit das Programm zu einem ordentlichem Abschluß kommt.

4.2. dBase / SQL -Programmierer (3)

select LOEWE from AFRIKA;


5. Andere Methoden

5.1. Ingenieursmäßige Methode (3)

Programm wie Basis-Algorithmus, wobei als Löwe alles akzeptiert wird, was nicht mehr als 10% vom Gewicht eines schon gefangenen Löwen abweicht.

5.2. Dialektische Methode (2)

Man zäunt die Wüste ein, bewässert sie, sät Gras und setzt Kaninchen aus. Die Kaninchen vermehren sich schnell. Nach Hegel kommt bald der Zeitpunkt, bei dem Quantität in Qualität umschlägt, und dann hat man einen Löwen.

5.3. Telekinetische Methode (4)

Man laufe so lange durch die Wüste, bis man einen Löwen gefunden hat. Dann lache man sich einen Ast (in ausreichender Höhe), auf den man sich setze, um während der folgenden Aktion in Sicherheit zu sein, und staune Bauklötze, mit denen man sodann den Löwen bewirft, bis er ohnmächtig umfällt.

5.4. Elektrotechnische Methode (6)

Bestelle bei einem Schaltungsdienst einen Schaltplan der Wüste (Modell Loewe-Opta). Finde und bestimme den Ohm'schen Widerstand des wilden Löwen und ersetze diesen durch eine Drahtbrücke (R = 0 Ohm). So erhält man einen Löwen der keinen Widerstand mehr leistet und folglich zahm ist.

5.5. Versicherungsmathematische Methode (7)

Zunächst wird mit Hilfe statistischer Daten eine modifizierte Heubeck'sche Sterbetafel für den Löwen aufgestellt, mit möglichst niedrigem Endalter, z.B. Omega = 30. Dann wird der Löwe angelockt durch das Angebot einer Kapitallebensversicherung mit einer hohen Renditeaussicht.
Durch Zillmerung wird er fest an einen Vertrag mit wüstenweitem Versicherungsschutz gebunden. Nun arbeitet die Zeit für uns. Wenn der Versicherungsvertrag endet und der Löwe immer noch lebt, überschütten wir ihn einfach mit dem Schlussüberschuss. Das gibt ihm "garantiert" den Rest.

Quellen

(1) Friedrich Wille, Humor in der Mathematik, Vandenhoeck und Rupprecht, Göttingen 1992 (ca. 25,-DM, im Buchhandel erhältlich und sehr empfehlenswert)

(2) H. Petard, Ein Beitrag zur Mathematischen Theorie der Großwildjagd, in: R. L. Weber / E. Mendoza, Kabinett physikalischer Raritäten, Vieweg 1979 (leider z. Zt. vergriffen)

(3) Von Anke, persönliche Mitteilung per Mail (unbezahlbar und nicht käuflich); Die Methoden bezogen sich ursprünglich auf Elefanten und wurden von mir entsprechend modifiziert.

(4) mündlich tradiert

(5) eigene Hirngespinste, aus gegebenem Anlaß

(6) Vielen Dank an Andreas in Kassel!

(7) Vielen Dank an Manfred in Mannheim!


Schlußbemerkung

Weitere Methoden werden natürlich gerne implementiert: karin@webach.de

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